Presse
Versunken in die Musik
[…] Nach den Eröffnungsreden voller Superlative griff ein weiterer wichtiger Fokus-Künstler dieser Saison beherzt in die Violinsaiten, der dem Rheingau seit 30 Jahren die Treue hält: Christian Tetzlaff. Seine ungebremst gefühlsbetonte Sicht auf Dvoráks Konzert für Violine und Orchester a-Moll op.53 elektrisierte die ausverkaufte Basilika vom ersten Ton an. Von den gleißenden Eröffnungsspitzen des Allegro ma non troppo über das nahtlos angeschlossene, beinahe in Bratschentiefe hinabschimmernde Adagio bis hin zu den folkloristischen Furiant und Dumka-Tänzen; Tetzlaff zeigte in selbstvergessener Versunkenheit, was sein Spiel seit Jahrzehnten so besonders macht: Dvoráks Violinkonzert berührte, als sei es frisch aus der Taufe gehoben worden. Einen nicht geringen Anteil an der Geschlossenheit der Ausgestaltung bei Dvoráks einzigem Gattungsbeitrag hatte auch HR-Orchesterchef Alain Altinoglu, der immer wieder intensiv Tetzlaffs Blick suchte und seine Musiker zu deutlicher und präziser Sprache verpflichtete.
Nach all dem musikalisch überbordendem romantischen Überschwang wählte Tetzlaff seine konzentrierte Bach-Zugabe mit Bedacht: Sein mit demütiger Behutsamkeit herausziseliertes Largo aus der Sonate Nr. 3, C-Dur, BWV 1005 ließ die Basilika von innen heraus leuchten. […]
Bettina Boyens, Frankfurter Neue Presse, 24.06.2024
Rarities by Elgar and Holst soar at Grant Park Music Festival
[…] One wouldn’t necessarily think of Tetzlaff as a natural Elgarian, but the German violinist showed himself wholly in synch with the elusive style of this work.
In addition to handling the daunting technical demands with ease, from his first entrance the violinist brought out an essential fantasy quality, for all its frenetic activity, much of this music is lyrical and intimate; in the melting secondary theme of the opening movement, Tetzlaff shaded his tone down to the barest strand of violin sound—daringly so for this noisy al fresco setting—with the melody’s reprise hovering on the edge of audibility.
Tetzlaff consistently conveyed the nostalgia and romantic melancholy that is at the heart of this work. […] At the close of the slow movement—and indeed throughout—the violinist brought great freedom to his phrasing, exploring Elgar’s long solo lines without crossing over into indulgence or schmaltz.
In the epic finale, Tetzlaff skillfully assayed the mercurial shifts, balancing the bravura with nostalgic look-backs. In the closing cadenza—with “thrummed” string accompaniment—the violinist sensitively captured Elgar’s searching introspection before the final burst of assertive fireworks – as if the composer were exorcising a past romantic obsession from his mind and moving on with confidence. […]
Lawrence A Johnson, Chicago Classical review, June 2024
Mit mächtigem Strich
Mehr Intensität geht nicht: Ein Abend mit dem Geiger Christian Tetzlaff und dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Kent Nagano.
[…] Dann aber lässt einen Tetzlaffs Brahms-Konzert den Beethoven fast vergessen. Tetzlaff legt gleich bei seinem ersten Einsatz mit so mächtigem Strich los, dass schon nach wenigen Sekunden gerissenes Rosshaar um seine Bogenspitze fliegt. Natürlich wird das Feuer des Finalsatzes später ebenso flackern, wird die innige Ruhe des Adagios, von Tetzlaff mit geschlossenen Augen vorgetragen, genießerisch sein. Aber im Grunde enthält bereits der erste Satz in seiner Ausdrucksvielfalt all jene Merkmale, die diese Interpretation ausmachen.
Tetzlaffs energische Doppelgriffe haben die Kraft (und die Haltung) eines Rockgitarrenriffs. Die nachdenklichen Passagen, die er oft recht vibratoarm spielt, sind von geradezu sakraler Kühle, seine zauberische Solokadenz wirkt fast gläsern fragil. Dann wiederum singt sein Instrument die schönsten Melodien mit einem breit tragenden Ton voller Wärme. In jeder Ausdrucksrichtung strebt Tetzlaff nach dem Maximum – und Nagano folgt mit dem Orchester. Mehr Intensität geht nicht.
Süddeutsche Zeitung, Andreas Pernpeintner
19. April 2023
Die Logik der Gefühle
[…] Technisch souverän, geht es Tetzlaff nicht ums makellose Spiel, sondern um den unmittelbaren Ausdruck. Er konzentriert sich immer auch aufs Innere des Klangs und formt daraus den Ton – und ist so mittendrin im Innenleben Tschaikowskys, bei dem höchstes Glück und tiefste Krise stets nach beieinandergelegen haben sollen. Nicht ohne Grund scheint Tetzlaff mit geschlossenen Augen zu spielen, was der Konzentration dienen mag, aber eben auch den Eindruck hinterlässt, als wolle er im oder hinter dem Werk verschwinden.
Hörbar ist auch seine Erfahrung in der zeitgenössischen Musik, in der ungeheuren Vielfalt der Ausdrucksfarben, die auch die Feinabstufung fahler oder harscher Abtönungen mit einschließt. Nur so werden das völlige Absinken und rasante Wiederaufladen der (Lebens-)Energien so plastisch erlebbar, in das die euphorischen, wild entfesselten oder schmerzvollen Phasen hier immer wieder münden – für den Ausdruck existenzieller Gefährdung unabdingbar.
Kein Ton bleibt bei Tetzlaff bloß virtuose Geste. Rasende Läufe, haarige Doppelgriffpassagen, wuseliges Akkordwerk, das Spiel in den hohen Lagen bis ins Flageolett: Alles überführt dieser großartige Gestalter in die Logik der Gefühle, in ihre Sprache. […]
Stuttgarter Nachrichten, 22. November 2022, Verena Grosskreutz
LPO/Canellakis review — conductor and orchestra have explosive chemistry
[…] In Shostakovich’s sombre Violin Concerto No 2, Canellakis took her cue from the taut, urgent playing of Christian Tetzlaff, delivering a relentless solo part with impressive discipline and sober focus. […]
The Times, January 20, 2022, Neil Fisher
LPO/Canellakis at the Royal Festival Hall review: An excellent team in the making
[…] It’s hard to imagine a more capable soloist in Shostakovich’s Second Violin Concerto than Christian Tetzlaff, although “capable” barely scratches the surface of his virtuosity. […] Tetzlaff caught every nuance, his tone now dark and mournful, now lyrical or rough and abrasive. […]
Evening Standard, January 20, 2022, by Nick Kimberley
Ein Echo des 19. Jahrhunderts
Süddeutsche Zeitung, 08. November 2021, Paul Schäufele, München
Böhmen liegt an der Spree
„Es sind Meisterwerke, auf die sich die Mitwirkenden und die Zuhörer immer wieder freuen können“, heißt es in der Einführungdes Konzerthauses Berlinzu einem Abend voller Dynamik, Glanz und Superkraft. Ein Abend, der zwei Evergreens desromantischen Repertoires unerhört frisch präsentiert: Antonín Dvoráks einziges Violinkonzert in a-Moll, op. 53 sowie JohannesBrahms’ vierte und letzte Sinfonie in e-Moll, op. 98. Und es ist ein Abend, der von der kraftvollen Virtuosität des ViolinistenChristian Tetzlaff genauso wie vom tiefen Brahms-Verständnis des Chefdirigenten Christoph Eschenbachgeprägt wird.Wie gut die beiden Musiker harmonieren, spürt man sofort – etwa, wenn sich Tetzlaff im ersten Satz des Violinkonzerts mitspielerischer Leichtigkeit von elegisch verträumt zu energetisch vorandrängend steigert und Eschenbach mit dem Orchester somühelos wie majestätisch folgt. Dass Dvorák hier, als er 1879 mit der Komposition beginnt, klanglich an seine böhmischeHeimat und slawische Tänze denkt, liegt nahe – sollte es aber auch so etwas wie eine „böhmische Tonalität“ der Violine geben,Tetzlaff findet sie an diesem Abend. […]
Und je länger er spielt, desto mehr glaubt man, einen Rockstar zu sehen und zu hören, der sein Instrument in kurzen Pausenso mit zwei Händen umfängt, als wolle er darauf gleich noch ein E-Gitarren-Riff spielen. Tetzlaff vertieft sich immer weiter in die Musik, spannt den ganz großen Dvorák-Bogen und begeistert in einem fulminanten Finale mit so viel violinistischer Superkraft,dass man ihn, Dvorák natürlich auch, als Titelhelden für einen jener Hollywood-Blockbuster vorschlagen möchte. Zumindestwenn sich Eschenbach und das überzeugende Konzerthausorchester als „Sidekick“ ebenso gewinnen lassen. […]
Der Tagesspiegel, 31.Oktober 2021, Thomas A. Herring
Presse
Versunken in die Musik
[…] Nach den Eröffnungsreden voller Superlative griff ein weiterer wichtiger Fokus-Künstler dieser Saison beherzt in die Violinsaiten, der dem Rheingau seit 30 Jahren die Treue hält: Christian Tetzlaff. Seine ungebremst gefühlsbetonte Sicht auf Dvoráks Konzert für Violine und Orchester a-Moll op.53 elektrisierte die ausverkaufte Basilika vom ersten Ton an. Von den gleißenden Eröffnungsspitzen des Allegro ma non troppo über das nahtlos angeschlossene, beinahe in Bratschentiefe hinabschimmernde Adagio bis hin zu den folkloristischen Furiant und Dumka-Tänzen; Tetzlaff zeigte in selbstvergessener Versunkenheit, was sein Spiel seit Jahrzehnten so besonders macht: Dvoráks Violinkonzert berührte, als sei es frisch aus der Taufe gehoben worden. Einen nicht geringen Anteil an der Geschlossenheit der Ausgestaltung bei Dvoráks einzigem Gattungsbeitrag hatte auch HR-Orchesterchef Alain Altinoglu, der immer wieder intensiv Tetzlaffs Blick suchte und seine Musiker zu deutlicher und präziser Sprache verpflichtete.
Nach all dem musikalisch überbordendem romantischen Überschwang wählte Tetzlaff seine konzentrierte Bach-Zugabe mit Bedacht: Sein mit demütiger Behutsamkeit herausziseliertes Largo aus der Sonate Nr. 3, C-Dur, BWV 1005 ließ die Basilika von innen heraus leuchten. […]
Bettina Boyens, Frankfurter Neue Presse, 24.06.2024
Rarities by Elgar and Holst soar at Grant Park Music Festival
[…] One wouldn’t necessarily think of Tetzlaff as a natural Elgarian, but the German violinist showed himself wholly in synch with the elusive style of this work.
In addition to handling the daunting technical demands with ease, from his first entrance the violinist brought out an essential fantasy quality, for all its frenetic activity, much of this music is lyrical and intimate; in the melting secondary theme of the opening movement, Tetzlaff shaded his tone down to the barest strand of violin sound—daringly so for this noisy al fresco setting—with the melody’s reprise hovering on the edge of audibility.
Tetzlaff consistently conveyed the nostalgia and romantic melancholy that is at the heart of this work. […] At the close of the slow movement—and indeed throughout—the violinist brought great freedom to his phrasing, exploring Elgar’s long solo lines without crossing over into indulgence or schmaltz.
In the epic finale, Tetzlaff skillfully assayed the mercurial shifts, balancing the bravura with nostalgic look-backs. In the closing cadenza—with “thrummed” string accompaniment—the violinist sensitively captured Elgar’s searching introspection before the final burst of assertive fireworks – as if the composer were exorcising a past romantic obsession from his mind and moving on with confidence. […]
Lawrence A Johnson, Chicago Classical review, June 2024
Mit mächtigem Strich
Mehr Intensität geht nicht: Ein Abend mit dem Geiger Christian Tetzlaff und dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Kent Nagano.
[…] Dann aber lässt einen Tetzlaffs Brahms-Konzert den Beethoven fast vergessen. Tetzlaff legt gleich bei seinem ersten Einsatz mit so mächtigem Strich los, dass schon nach wenigen Sekunden gerissenes Rosshaar um seine Bogenspitze fliegt. Natürlich wird das Feuer des Finalsatzes später ebenso flackern, wird die innige Ruhe des Adagios, von Tetzlaff mit geschlossenen Augen vorgetragen, genießerisch sein. Aber im Grunde enthält bereits der erste Satz in seiner Ausdrucksvielfalt all jene Merkmale, die diese Interpretation ausmachen.
Tetzlaffs energische Doppelgriffe haben die Kraft (und die Haltung) eines Rockgitarrenriffs. Die nachdenklichen Passagen, die er oft recht vibratoarm spielt, sind von geradezu sakraler Kühle, seine zauberische Solokadenz wirkt fast gläsern fragil. Dann wiederum singt sein Instrument die schönsten Melodien mit einem breit tragenden Ton voller Wärme. In jeder Ausdrucksrichtung strebt Tetzlaff nach dem Maximum – und Nagano folgt mit dem Orchester. Mehr Intensität geht nicht.
Süddeutsche Zeitung, Andreas Pernpeintner
19. April 2023
Die Logik der Gefühle
[…] Technisch souverän, geht es Tetzlaff nicht ums makellose Spiel, sondern um den unmittelbaren Ausdruck. Er konzentriert sich immer auch aufs Innere des Klangs und formt daraus den Ton – und ist so mittendrin im Innenleben Tschaikowskys, bei dem höchstes Glück und tiefste Krise stets nach beieinandergelegen haben sollen. Nicht ohne Grund scheint Tetzlaff mit geschlossenen Augen zu spielen, was der Konzentration dienen mag, aber eben auch den Eindruck hinterlässt, als wolle er im oder hinter dem Werk verschwinden.
Hörbar ist auch seine Erfahrung in der zeitgenössischen Musik, in der ungeheuren Vielfalt der Ausdrucksfarben, die auch die Feinabstufung fahler oder harscher Abtönungen mit einschließt. Nur so werden das völlige Absinken und rasante Wiederaufladen der (Lebens-)Energien so plastisch erlebbar, in das die euphorischen, wild entfesselten oder schmerzvollen Phasen hier immer wieder münden – für den Ausdruck existenzieller Gefährdung unabdingbar.
Kein Ton bleibt bei Tetzlaff bloß virtuose Geste. Rasende Läufe, haarige Doppelgriffpassagen, wuseliges Akkordwerk, das Spiel in den hohen Lagen bis ins Flageolett: Alles überführt dieser großartige Gestalter in die Logik der Gefühle, in ihre Sprache. […]
Stuttgarter Nachrichten, 22. November 2022, Verena Grosskreutz
LPO/Canellakis review — conductor and orchestra have explosive chemistry
[…] In Shostakovich’s sombre Violin Concerto No 2, Canellakis took her cue from the taut, urgent playing of Christian Tetzlaff, delivering a relentless solo part with impressive discipline and sober focus. […]
The Times, January 20, 2022, Neil Fisher
LPO/Canellakis at the Royal Festival Hall review: An excellent team in the making
[…] It’s hard to imagine a more capable soloist in Shostakovich’s Second Violin Concerto than Christian Tetzlaff, although “capable” barely scratches the surface of his virtuosity. […] Tetzlaff caught every nuance, his tone now dark and mournful, now lyrical or rough and abrasive. […]
Evening Standard, January 20, 2022, by Nick Kimberley
Ein Echo des 19. Jahrhunderts
Süddeutsche Zeitung, 08. November 2021, Paul Schäufele, München
Böhmen liegt an der Spree
„Es sind Meisterwerke, auf die sich die Mitwirkenden und die Zuhörer immer wieder freuen können“, heißt es in der Einführungdes Konzerthauses Berlinzu einem Abend voller Dynamik, Glanz und Superkraft. Ein Abend, der zwei Evergreens desromantischen Repertoires unerhört frisch präsentiert: Antonín Dvoráks einziges Violinkonzert in a-Moll, op. 53 sowie JohannesBrahms’ vierte und letzte Sinfonie in e-Moll, op. 98. Und es ist ein Abend, der von der kraftvollen Virtuosität des ViolinistenChristian Tetzlaff genauso wie vom tiefen Brahms-Verständnis des Chefdirigenten Christoph Eschenbachgeprägt wird.Wie gut die beiden Musiker harmonieren, spürt man sofort – etwa, wenn sich Tetzlaff im ersten Satz des Violinkonzerts mitspielerischer Leichtigkeit von elegisch verträumt zu energetisch vorandrängend steigert und Eschenbach mit dem Orchester somühelos wie majestätisch folgt. Dass Dvorák hier, als er 1879 mit der Komposition beginnt, klanglich an seine böhmischeHeimat und slawische Tänze denkt, liegt nahe – sollte es aber auch so etwas wie eine „böhmische Tonalität“ der Violine geben,Tetzlaff findet sie an diesem Abend. […]
Und je länger er spielt, desto mehr glaubt man, einen Rockstar zu sehen und zu hören, der sein Instrument in kurzen Pausenso mit zwei Händen umfängt, als wolle er darauf gleich noch ein E-Gitarren-Riff spielen. Tetzlaff vertieft sich immer weiter in die Musik, spannt den ganz großen Dvorák-Bogen und begeistert in einem fulminanten Finale mit so viel violinistischer Superkraft,dass man ihn, Dvorák natürlich auch, als Titelhelden für einen jener Hollywood-Blockbuster vorschlagen möchte. Zumindestwenn sich Eschenbach und das überzeugende Konzerthausorchester als „Sidekick“ ebenso gewinnen lassen. […]
Der Tagesspiegel, 31.Oktober 2021, Thomas A. Herring